Zervikale Dystonie
Fachbegriff: Zervikale Dystonie (auch Schiefhals oder Torticollis spasmodicus genannt)
Betroffene Muskeln: Hals- und Nackenmuskulatur
Merkmale: Zervikal bedeutet „zum Hals (Cervix) gehörig“. Je nachdem, welche Muskeln des Halses betroffen sind, bewirkt die zervikale Dystonie eine Drehung, Seitwärtsneigung, Beugung oder Streckung des Kopfes/Halses, aus der sich verschiedene Mischformen ergeben.
Form der Dystonie: Fokale Dystonie
Zervikale Dystonie, auch als Schiefhals bekannt, ist eine neurologische Bewegungsstörung, die durch unwillkürliche Muskelkontraktionen im Hals- und Nackenbereich gekennzeichnet ist. Diese führen zu abnormen Haltungen und Bewegungen, die den Alltag der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Die genauen Ursachen sind oft unbekannt. Es wird jedoch angenommen, dass genetische Faktoren und neurologische Fehlfunktionen, insbesondere in den Basalganglien, eine Rolle spielen können. Symptome wie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind typisch, aber es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die Linderung ermöglichen.
Ursachen der zervikalen Dystonie
Die genaue Ursache der zervikalen Dystonie ist häufig unbekannt. In einigen Fällen können genetische Mutationen eine Rolle spielen. Zudem können bestimmte Medikamente, die das zentrale Nervensystem beeinflussen, als Nebenwirkung eine Dystonie verursachen. Auch eine Dysfunktion in bestimmten Hirnarealen, insbesondere in den Basalganglien, kann eine mögliche Ursache der Dystonie sein. Zudem können Faktoren, wie psychischer Stress die Symptome einer Dystonie auslösen oder verstärken. Es ist wichtig zu betonen, dass die Ursachen vielfältig sind und oft mehrere Faktoren zusammenwirken.
Sogenannte „sensorische Tricks“ (z. B. das Anlegen eines Fingers an die Wange oder Kinnspitze) führen bei einem Großteil der Betroffenen zu einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden.
Symptome und Erscheinungsformen der zervikalen Dystonie
Die zervikale Dystonie kann sich in verschiedenen Formen äußern. Typische Symptome der zervikalen Dystonie sind unwillkürliche, anhaltende oder wiederkehrende Muskelkontraktionen im Hals- und Nackenbereich.
Die häufigsten Erscheinungsformen sind:
Die Symptome beginnen meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr und sind bei Frauen häufiger als bei Männern. In einigen Fällen entwickeln Betroffene kompensatorische Strategien, um die Symptome zu mildern, beispielsweise durch bestimmte Kopfhaltungen oder sensorische Tricks wie das Berühren des Gesichts.
Collis stammt von dem lateinischen Wort collum für Hals, caput steht für Kopf. Je nachdem, ob es sich um eine Fehlstellung des Halses oder Kopfes handelt, unterscheidet man zwischen entsprechender „Collis“ oder „Caput“-Stellung.
Häufigkeit der zervikalen Dystonie
Die zervikale Dystonie ist die häufigste Form der fokalen Dystonie und betrifft in Deutschland etwa 5 bis 20 von 100.000 Menschen. In seltenen Fällen kann die Erkrankung auch in jüngerem Alter beginnen. Trotz der Seltenheit wird angenommen, dass die Dunkelziffer hoch ist, da viele Betroffene die ersten Symptome nicht sofort mit einer neurologischen Bewegungsstörung in Verbindung bringen.
Bei einer sehr geringen Anzahl an Betroffenen (5 %) ist der Schiefhals im Gegensatz zur idiopathischen Form das sekundäre Symptom einer anderen Erkrankung. Zusätzliche neurologische Symptome wie Lähmungen, unkoordinierte Bewegungen, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen weisen auf diesen Fall hin.
Behandlungsmöglichkeiten der zervikalen Dystonie
Die Behandlung der zervikalen Dystonie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Hierzu gehören:
- Botulinumtoxin-Injektionen: Diese sind die erste Wahl der Therapie und helfen, die überaktive Muskulatur zu entspannen.
- Physiotherapie und Übungen: Gezielte Bewegungsübungen können die Muskelkontrolle verbessern und Schmerzen reduzieren.
- Medikamentöse zum Einnehmen: In manchen Fällen werden Muskelrelaxantien oder andere Medikamente eingesetzt.
- Psychologische Unterstützung: Da die Dystonie für die Betroffenen psychisch belastend sein kann, können Entspannungstechniken und psychologische Beratung hilfreich sein.
- Operative Eingriffe: In seltenen, schweren Fällen kann eine tiefe Hirnstimulation in Betracht gezogen werden.
Die Behandlung der zervikalen Dystonie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Eine effektive Therapie ist die Injektion von Botulinumtoxin in die betroffenen Muskeln, was bei etwa 80% der Patienten zu einer Besserung führt. Wie eine solche Behandlung in der Praxis abläuft, zeigt das folgende Video mit Prof. Dr. Wolfgang Jost, Facharzt für Neurologie, Experte für Bewegungsstörungen und langjähriger Botulinumtoxin-Anwender, am Beispiel einer Patientin mit Schiefhals.
Patientin mit Schiefhals
Behandlung einer Patientin mit Schiefhals durch Prof. Dr. Wolfgang Jost, Facharzt für Neurologie, Experte für Bewegungsstörungen und langjähriger Botulinumtoxin-Anwender.
Physiotherapeutische Übungen bei zervikaler Dystonie
Physiotherapie spielt eine wichtige Rolle in der Behandlung der zervikalen Dystonie. Gezielte Dehn- und Kräftigungsübungen können helfen, die Muskelspannung zu reduzieren und die Beweglichkeit zu verbessern. Es ist wichtig, die Übungen regelmäßig und unter Anleitung eines erfahrenen Therapeuten durchzuführen. Zudem können Techniken wie Biofeedback oder das Training mit visuellen Hilfsmitteln eingesetzt werden, um die Körperwahrnehmung zu schulen und die Kontrolle über die Muskelaktivität zu verbessern.
Die Rolle der Psyche bei zervikaler Dystonie
Psychischer Stress kann sowohl ein Auslöser als auch ein Verstärker für die Symptome der zervikalen Dystonie sein. Studien haben gezeigt, dass übermäßiger psychischer Stress den Ausbruch der Erkrankung begünstigen kann. Daher ist es wichtig, Stressbewältigungstechniken in den Behandlungsplan zu integrieren. Entspannungsverfahren wie Meditation, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung können helfen, die Symptome zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
Botulinumtoxin – zentrale Therapieoption bei zervikaler Dystonie
Botulinumtoxin spielt eine zentrale Rolle in der Behandlung der zervikalen Dystonie. Als wissenschaftlich fundierte und gut etablierte Therapieoption hilft es, unkontrollierte Muskelanspannungen im Hals- und Nackenbereich gezielt zu reduzieren. Durch die Injektion in die betroffenen Muskeln kann die übermäßige Muskelaktivität gehemmt werden, was häufig zu einer spürbaren Linderung der Symptome führt. Viele Betroffene berichten von einer verbesserten Kopfhaltung, weniger Schmerzen und einer deutlichen Erleichterung im Alltag.
Die Wirkung von Botulinumtoxin setzt in der Regel innerhalb weniger Tage ein und hält meist über mehrere Monate an. Die Behandlung wird individuell auf die Patientin oder den Patienten abgestimmt und in regelmäßigen Abständen wiederholt, um eine kontinuierliche Symptomkontrolle zu gewährleisten. In enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Fachärztinnen und Fachärzten kann so eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden.
Zervikale Dystonien sind nicht heilbar, aber bei der Mehrheit der Fälle kann die Erkrankung durch die Injektion von Botulinumtoxin erfolgreich behandelt werden.
Ein Stigma (griechisch für „Wundmal“) ist ein hervorstechendes Merkmal, das eine Person augenscheinlich von anderen unterscheidet – und aufgrund dessen nicht gerechtfertigte Rückschlüsse auf deren Gesamtcharakter gezogen werden.
Als Stigmatisierung wird ein Prozess in der Gesellschaft bezeichnet, bei dem Personen aufgrund eines (in der Regel negativ behafteten) Merkmals ein bestimmter Status zugeschrieben wird. Stigmatisierung gipfelt nicht selten in sozialer Diskriminierung.